Mittwoch, 18. März 2009

Entweder es wird alle Welt reich oder es wird alle Welt arm

Ein Beitrag von Dr.Dr.Dr. Franz Langmayr
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An sich habe ich zur zentralen Frage nach einer schnellen Überwindung der Krise keine Antworten. Was ich nur sehe ist das:

Die Finanzkrise ist zur Weltwirtschaftskrise geworden. Keiner kann ernsthaft sagen, wie lange sie dauern wird und wie schlimm sie noch wird. Sicher ist nur, dass die Krise zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstrukturierungen führen wird, die umso tiefer gehend sein werden, je heftiger und länger dauernd die Krise noch wird.

Im Grunde sind derzeit alle Großbanken der Welt pleite und halten Zahlungsverkehr und -- eingeschränkt -- auch das Kreditwesen nur durch (echt anerkennenswert) mutige Umgehung der Bilanzwahrheit aufrecht. Es ist abzusehen, dass auch die großen Bankenstützungspakete nicht dazu führen, dass das Kreditwesen im alten Umfang wieder hergestellt wird.
Denn kurzfristig sind es die Banken, die den Staaten die Liquidität zur ständigen Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten beschaffen -- gegen Staatsanleihen. Die Erfüllung der Bankenstützungspaket-Versprechen der Staaten kann daher wieder nur durch Staatsanleihen erfolgen. Und die können zwar -- so lange ihr Börsenwert hält -- die Bankbilanzen so weit aufbessern, dass Kreditgewährung wieder möglich wird. Es werden die Banken aber nicht motiviert sein, anderen Banken und Großunternehmen -- riskante -- Kredite zu gewähren, weil sie die erwünschte Rendite schon aus den verzinslichen Staatsanleihen beziehen.

Das immer weitere Einbrechen der Konjunktur senkt die Steueraufkommen und steigert die Staatsausgaben, so dass schließlich die Staatsanleihen ihren Börsenwert verlieren, was zur simultanen Zahlungsunfähigkeit der Großbanken wie auch der Staaten führt. Dadurch entsteht ein Zustand, in dem es weltweit praktisch kein Geld mehr gibt. Wie man mit einem solchen Zustand umgeht, weiß im Grunde niemand. Das hatten wir noch nie. Ohne Geld bricht alle Motivation zu wirtschaftlichem Handeln zusammen.
Selbstversorgung und Netzwerke sind dann gefragt, um ein Minimum an gegenseitiger Versorgung und Dienstleistung aufrecht zu erhalten. Auch Rückschritt zu Edelmetallen und Wertgegenständen als Tauschmittel wird wohl nicht imstande sein, die Wirtschaft auf einem akzeptablen Niveau zu stabilisieren.

Schon jetzt ist abenteuerlich anzusehen, wie die Finanzminister der Staaten ihre Liquidität beschaffen. Besonders wie das die USA machen. Deren Regierung holt derzeit viel von ihrer Liquidität aus China, gegen US-Staatsanleihen! Und macht sich so immer mehr erpressbar. Denn die Chinesen haben es immer mehr in der Hand, die Zahlungsfähigkeit der USA zu ruinieren, indem sie die US-Anleihen im Großen auf den Weltmarkt werfen. Wer da noch in Kategorien des kalten Krieges denkt, dem müsste da das Gruseln kommen...Und dabei liegt die Erfüllung riesiger US-Banken- und Konjunkturpakete noch vor uns.

Die Frage, wer oder was an diesem Riesendisaster schuld ist, halte ich für verfrüht. Daran wird man vielleicht noch in Jahrzehnten herumanalysieren. Zunächst sollte es viel mehr um mögliche Auswege aus der Krise als um Schuldzuweisungen gehen. Der Blick gehört mehr in die Zukunft gerichtet als in die Vergangenheit. Ziemlich unabdingbar scheint mir, dass in Zukunft auch die Geschäftsbanken -- wie jetzt schon die Notenbanken -- nicht vor allem zur Gewinnerzielung sondern als Art Nonprofit-Unternehmen mit dem Ziel der Aufrechterhaltung und nachhaltigen Optimierung des weltweiten Geld- und Kreditwesens zu führen sein werden. Vielleicht wird man Wirtschaft überhaupt neu definieren, etwa als Insgesamt von Einrichtungen zur optimalen Motivation aller Menschen der Welt, ihre Fähigkeiten im hilfreichen gegenseitigen Dienen
-- hin zu weltweiter Synergie -- immer weiter zu entwickeln. Aus solchen Ansätzen werden Kataloge von Synergie-Bewertung von wirtschaftlicher Tätigkeit zu definieren sein, wie es sie im Ansatz schon jetzt für Fair-Trade-Gütezeichen gibt. Nach solchen Bewertungen wird man nicht nur Managergehälter neu orientieren sondern auch Begriffe wie den des Missbrauchs von Marktmacht nach den Kartellgesetzen.

Ich bin sicher, dass die Zukunft dem freien Unternehmertum gehört aber mit Zielrichtung mehr auf Selbstentfaltung durch Synergie, die zwar auch mit individueller Gewinnmaximierung zu tun hat, aber nicht in kurzsichtiger sondern in nachhaltiger Weise. Zu freiem Unternehmertum gehört auch die Überwindung von dessen derzeitiger Zusammenballung zu immer weniger weltweiten Riesenkonzernen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Zusammenballungen hauptsächlich im ständigen Kampf gegen Politik und Bürokratie entstanden sind, so dass die Konzernbildung unattraktiv wird, sobald Politik, Bürokratie und Wirtschaft einen echten dauerhaften Frieden schließen. Keinen faulen Frieden durch Korruption sondern echten nachhaltigen Frieden, wie er am ehesten auf der Grundlage der erwähnten Synergie-Bewertungen möglich sein wird. (Wobei nachhaltig erfolgreiche Wirtschaftstreibende hinterher Einfluss auf Bürokratie und Politik erhalten sollten. Etwa so wie man in den USA erst erfolgreicher Anwalt gewesen sein muss, ehe man Richter werden kann). Der Wunsch politischer Parteien und ihrer Wähler, den Unternehmer zu schröpfen, schwindet, sobald von den Unternehmen in sichtbarer -- und aufbruchsartig erfolgreicher -- Weise nach Grundsätzen weltweiter Synergie gewirtschaftet wird, was dann auch zur Beendigung heutiger Migrationsproblematik führen sollte.

Die heutige Welt ist in kurzer Zeit so klein und vernetzt geworden, dass sie nicht länger in eine arme und eine reiche Welt geteilt bleiben kann.
Entweder es wird alle Welt reich oder es wird alle Welt arm. Jetzt sieht es danach aus, als würde sie zuerst arm. Und es liegt dann an unserer Initiative, sie sodann als Ganze reich zu machen. Wobei auch neue Technologien -- insbesondere im Energiebereich -- eine Rolle spielen werden.

Im Kontrast zu neuen Wirtschaftsparadigmen der Nachhaltigkeit und der Synergie wird man dann leichter zu Einschätzungen darüber gelangen, welcher gewaltige weltweite Zusammenstau -- vielfach unwissend begangener
-- Fehleinschätzungen und Fehlhandlungen zum heutigen Disaster geführt hat.

Nicht ausgeschlossen, dass sogar unsere Spiritualität von da her Impulse erhält. Die dann nicht -- wie vielfach im heutigen Christentum -- hauptsächlich durch Sünden, durch Verbote, definiert ist sondern mehr durch Gebote der Nächstenliebe und der Selbstentfaltung (siehe das Gleichnis mit den Talenten), die auf die weltweite Synergie der menschlichen Gesellschaft gerichtet sind.

Franz Langmayr
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Dr.Dr.Dr. Franz Langmayr ist Rechtsanwalt in Wien und war früher Assistent am Institut für Volkswirtschaft in Wien

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